Donnerstag, 24. Mai 2012

Sklaverei gestern und auf Gor

Norman bediente sich bei der Erfindung von Gor in nahezu allen Antiken und historischen Kulturen der Erde und siedelte sie in seiner Welt an. Ich hatte bereits bei in meinem Post „Wenn ich ein Pirat wär’...“ auf die Bedeutung der Antike für die Entstehung von Gor hingewiesen. Und so möchte ich es auch in diesem Artikel halten, in dem ich mich einem der großen Grundpfeiler Gors widmen möchte: Der Sklaverei.
Sklaverei war in der Antike in nahezu allen Völkern und Zivilisationen ein integraler Bestandteil der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens. Allerdings unterschied sich die damalige Sklaverei deutlich von der Form der Sklaverei wie sie zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkrieges und noch mehr wie sie heute vorkommt. Zu dem Sklavereibegriff wie er im Bereich einiger sexueller Paraphilien verwendet wird besteht eigentlich kaum ein wirklicher Bezug.
In der Antike war es völlig Normal für die Bürger einer Stadt, dass man mindestens einen Sklaven besaß, für Griechen, Römer, Karthager und Ägypter war Sklaverei etwas völlig alltägliche, natürliche und selbstverständliche Institution.
Insgesamt bezeichnet Sklaverei ist einen Daseinsform der menschlichen Existenz in der der Versklavte selbst vollständig in den Besitz zum Eigentum eines Anderen wird und schließlich ein Besitztum darstellt wie alles andere ( Rinder, Möbelstück, Waffe) was Eigentum dieses anderen ist.
Allerdings gibt werden aus verschiedenen Städten der Antike auch etwas abgeschwächte Formen der Sklaverei überliefert die eher an eine Leibeigenschaft erinnern wie sie im Mittelalter üblich war. Offenbar war es nicht nur so, dass alle Sklaven permanent angekettet und in Käfigen umhergefahren wurden. Im Gegenteil, manchen Sklaven wurden auch äußerst wichtige Aufgaben erteilt die der Stadt zu gute kommen sollten. So gab es in Sparta zum Beispiel die Heloten, eine Sklavenart die in großem Stil dazu bestimmt war die Landwirtschaft Spartas zu betreiben und die Lebensmittelversorgung der Stadt zu gewährleisten. Diese Heloten hatten auch eigenen Besitz und mussten lediglich große Teile ihrer Einnahmen an die Stadt abgeben. In Athen wurden Skythier zum Beispiel in großer Zahl als Polizisten eingesetzt da man den Skythiern ein besonderes Geschick beim Bogenschießen nachsagte. Auch die Bildlichen Darstellungen aus dieser antiken Zeit verwischen die Grenzen zwischen dem Stand der Handwerker und dem der Sklaven. Es ist also offenbar nicht so, dass ein Sklave im antiken Athen niemals irgendwelche Rechte haben konnte. Offenbar hatten sie trotzdem einen bestimmten, gesellschaftlich genau definierten Stand.
Trotzdem gab es enorme Einschnitte in die persönliche Freiheit uns Selbtsbestimmung. So gibt es zum Beispiel Hinweise darauf, dass man männliche und weibliche Sklavinnen nicht zusammen unterbringen sollte um einen Vermehrung zu vermeiden. Einige Historiker sehen darin eher den wirtschaftlichen Hintergedanken, dass eine Geburt in der damaligen Zeit für die Mutter stets ein enormes Risiko bedeutete. In der Zeit der Schwangerschaft war ihre Leistungsfähigkeit gemindert und selbst wenn das Kind nicht starb (manche Daten gehen von einer Säuligssterblichkeit von etwa 30% aus) musste es hinterher noch Jahrelang mit versorgt werden bevor es selber stark genug war um Leistung einzubringen.
Wie stark die freiheitlichen Einschränkungen waren hing einerseits von der Stadt ab in der der Sklave lebte und von seiner Funktion die er ausüben sollte. So wurden die angeblich die Sklaven die als Minenarbeiter eingesetzt wurden und die Sklavinnen die Bordelldienste leisten sollten besonders schlecht behandelt so dass man ihre Lebensalltag mit den Worten „Arbeit, Züchtigung, Ernährung“ zusammen fassen konnte. Die Galeerensklaven hingegen leisteten jedoch einen wichtigen militärischen Dienst für die Stadt und wurden daher häufig nach dem Einsatz mit der Freiheit belohnt oder erhielten für ihren Ruderdienst sogar ein Gehalt. Einige Sklaven lebten sogar völlig autonom, übten ihren Beruf aus, hatten ihre Familien und ihre einzige Form der Unfreiheit bestand darin dass sie ihrem Herren einen Großteil ihrer Gewinne abgeben mussten und das ihr Herr das Recht hatte die Familie des Sklaven jederzeit nach belieben aufzulösen und die Familienmitglieder nach gut dünken anderweitig einzusetzen. Allerdings hatten auch die alten Griechen bereits erkannt, dass eine Sklave der seine eigene Familie hatte meist deutlich Loyaler war, da er eben diese Familie nicht verlieren wollte. Ein Sklave hatte jedoch niemals alle Rechte eines freien Bürgers. Diese Rechte waren das Recht Eigentum zu besitzen, Waffen zu tragen, das Recht auf ein Gerichtsverfahren, das Recht der Heirat und das Recht politische Ämter ausüben zu können (Wahlrecht).
Apropos, Waffen! Es war keine Seltenheit das Sklaven bei der Verteidigung der Stadt aktiv an Kämpfen und Feldzügen teilnahmen. Dies ist auch logisch, denn wenn eine Stadt erobert wurde, mussten die Sklaven damit rechnen genau so wie ihrer Herren getötet zu erden. Bestenfalls behielten sie ihre Stellung als Sklaven unter den neuen Herren. Wer hier einen guten Stand mit einigen Rechten ergattert hatte, der hatte ein ernsthaftes Interesse diesen Stand zu behalten.
Allerdings darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sklaven letztlich entrechtete waren die in allen rechtlichen Belangen von ihren Herren vertreten wurden. Fürte ein Sklave zum Beispiel auf dem Markt Handel, so war es, rechtlich so als führe der Herr diesen Handel, weswegen dieser auch am Ende den Gewinn einstreichen konnte. Handelte der Sklave ungeschickt und machte vielleicht Verlust so zog er sich den Zorn seines Herren zu und musste offenbar mit Bestrafungen rechnen.
Als Züchtigungsformen sind vor allem Schläge, das Auspeitschen und der Entzug von Schlafzeiten, Nahrung, Kleidung oder anderen Vergünstigungen überliefert und waren durchaus üblich. Übrigens waren Frauen, die schon in ihrem Status als Freie einen deutlich benachteiligten Stand gegenüber den freien Männern hatten, als Sklavinnen fast immer völlig rechtlos.
Anders als auf Gor, wo Sklaven im Norden wie im Süden an ihrem Halsreif zu erkennen sind, gab es bei den Sklaven der antike kaum ein Merkmal dass sie äußerlich von freien unterschied. Sklaven trugen offenbar dieselbe Kleidung wie die Freienbürger.
Der Wert eines Sklaven hing von vielen Faktoren ab. So war einerseits entscheidend welche Fähigkeiten er hatte und ob diese für die Funktion die er ausüben sollte auch geeignet waren. Natürlich war auch die Nationalität des Sklaven wichtig und das Zeugnis seiner bisherigen Herren.
Eine Sache die im SL-Gor übrigens immer falsch gemacht wird ist die Sache mit dem Branding. In dem Ersten Buch erfahren wir das Talena, Tarl darum bittet, sein Brandzeichen tragen zu dürfen. Natürlich wächst der Wert von Talena dadurch. Allerdings nur für Tarl. Aus den Büchern geht hervor dass es offenbar verschiedene Brandzeichen gibt. Das allgemeine Kef, dass dien Stand der Unfreiheit auf ewig im Fleisch und der Haut der Sklavin anzeigt und individuelle Brandzeichen die die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Herren darstellen.
Jetzt stelle man sich mal vor, eine goreanische Kajira (Sklavin) bekommt von einem Herren dessen Besitzzeichen eingebrannt, der Herr wird von einem anderen Krieger erschlagen und die Sklavin geht nun in den Besitzstand des zweiten Herren über der ihr wiederum sein Brandzeichen verpasst. Der Krieger gerät in finanzielle Not und verkauft die Sklavin an einen dritten Herren der ihr abermals sein individuelles Brandzeichen aufdrückt. Eingangs wurde gesagt das Sklaven ein Besitz waren wie zum Beispiel ein Möbelstück. Greift man diesen Gedanken auf, so ist die Frage berechtigt ob man für ein Bett, das man sich kauft wirklich mehr zahlen würde, wenn jeder der jemals drauf gelegen hat seinen Namen in das Kopfende geritzt hätte?
Was ebenfalls fast immer Falsch gespielt wird: Sklaven war daran gelegen ihren Herren gut zu dienen, wie erwähnt hingen diverse Vergünstigungen davon ab ob der Herr mit den Diensten zufrieden war oder nicht. Die Sklaven die ich bisher in SL-Gor kennen gelernt habe haben sich eher wie arbeitsscheue Azubis benommen die vom Arbeitsamt in eien Ausbildung gesteckt wurden die sie eigentlich nie haben wollten, oder diese SL-Sklavinnen nehmen binnen weniger Augenblicke die halbe Gruppe für sich ein, wickeln dann ihren Herren und den kleinen Finger und leben ihrer Prinzessin auf der Erbse-Rolle in vollen Zügen aus.
Für mich steht fest: Wer ein Sklavin auf Gor spielt, der macht das sicher nicht weil er oder sie nett und freundlich behandelt werden will! Aber genauso wenig wie man als Sklave mit Absicht dauernd und bei jeder sich bietenden Gelegenheit provozieren sollte, genauso wenig sollte man als Herr/in nur um der Bestrafung willen bestrafen oder demütigen. Denn nach allen Texten die ich bisher zu dem Thema gefunden habe war Demütigung nicht das oberste Ziel der antiken Sklaverei, es mag häufig ein gern in Kauf genommener Nebeneffekt gewesen sein, allerdings war es selten die Zielsetzung. Man versklavte nicht um jemanden zu demütigen. Sonst wären alle antiken Herrscher im Schnellverfahren versklavt worden. Wie besser kann man ein Volk demütigen als seinen Regenten zu dominieren? Nein, bei der Sklaverei ging es wie so oft im Leben um Geld und wirtschaftliche Erwägungen.
Vielleicht ist das auch einer der Gründe warum BDSM auch in Gor eher eine Randerscheinung ist. Zumal die Antike auch keine Persönlichkeitsstrukturen kannte in denen jemand Freude daran hat, jemand anderem völlig ausgeliefert zu sein und von ihm nach Strich und Faden missbraucht zu werden. Daher gebe ich die Hoffnung nicht auf dass die Lack-und-Leder-Fesselspiel-Freunde vielleicht irgendwann in ihre Darkrooms zurück gehen und den Goreanern ihr Gor lassen.

Eure
Cori

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